Testverfahren: Spannende Neuentwicklungen (2024)

Testverfahren: Spannende Neuentwicklungen (1)Testverfahren: Spannende Neuentwicklungen (2)

Vorgestellt werden Testverfahren, die für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten von besonderer Wichtigkeit sein können: klinische, berufsbezogene und neuropsychologische Tests.

Testverfahren: Spannende Neuentwicklungen (3)

Foto: Feodora/stock.adobe.com

Es gibt Neuentwicklungen von klinischen, berufsbezogenen und neuropsychologischen Tests, die sich an vorherige Veröffentlichungen in PP anlehnen (1, 2, 3).

IAZ

Das Inventar zur Erfassung der Arbeitszufriedenheit (IAZ) (4) ist ein neues standardisiertes Messinstrument des wichtigen wirtschaftspsychologischen Konzepts der Arbeitszufriedenheit. Das Besondere an diesem Test ist, dass nicht nur eine Gesamtarbeitszufriedenheit erfasst wird, sondern umfassend auch facettenspezifische Arbeitszufriedenheit, deren Bewertung bei einer Person sehr unterschiedlich aussehen kann.

Dazu wurde ein Fragebogen mit 94 Items (Langform) entwickelt, der in den folgenden acht Bereichen mit 14 Skalen Zufriedenheit erhebt: Zufriedenheit mit den Arbeitsaufgaben, den Rahmenbedingungen der Arbeit (Arbeitszeit, Arbeitsplatz, Entlohnung), den Entwicklungsmöglichkeiten, dem Führungsverhalten der direkten Vorgesetzten (Mitarbeiterorientierung, Aufgabenorientierung), mit Kolleginnen und Kollegen (Kollegialität, Leistung), mit der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber, mit Kundinnen und Kunden (Feedback, Zusammenarbeit) sowie Unterstellten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Feedback, Zusammenarbeit). Hat die untersuchte Person keinen Kundenkontakt und ist nicht als Führungskraft tätig, endet der Fragebogen nach Item 75. Die Bearbeitungsdauer beträgt rund 15 Minuten.

Das IAZ verfügt über eine Fragebogen-Kurzform mit acht Items, ein Item aus jedem Bereich. Die Kurzform kann in weniger als fünf Minuten ausgefüllt werden, erbringt als Ergebnis einen Gesamtwert für Arbeitszufriedenheit und differenziert damit nicht wie die Langform. In beiden Versionen sind die Items durch Ankreuzen auf einer siebenstufigen Skala (von extrem unzufrieden bis extrem zufrieden) hinsichtlich der eigenen Arbeitszufriedenheit zu beantworten. Als dritte Version verfügt das IAZ über ein Auswerteblatt, mit dem (anonyme) Gruppenuntersuchungen bearbeitet werden. Die Auswertung kann manuell durchgeführt werden oder über das Hogrefe Testsystem. Das IAZ passt nicht für Selbstständige. Normen liegen für den Altersbereich ab 18 Jahren vor.

Vineland-3

Zum ersten Mal ist ein Exemplar der Vineland-Serie, die mit Vorformen seit 1935 in den USA entwickelt wird, auf deutsch erschienen: Die Vineland-3, die dritte Edition der Vineland Adaptive Behavior Scales (5) ist seit 2021 in Anwendung (in den USA seit 2016). Das Verfahren kann insbesondere bei Intelligenzminderung, Entwicklungsstörungen und autistischen Störungen eingesetzt werden.

Bei diesen Störungen kann festgestellt werden, wie weit eine Person bei alltäglichen Aktivitäten, die für die persönliche und soziale Lebensführung unabdingbar sind, beeinträchtigt ist. Die Testergebnisse können als Grundlage für Interventionsplanungen dienen, weil die adaptiven Fähigkeiten als veränderbar angenommen werden.

Der Test umfasst folgende drei Kernskalen (mit den zugehörigen Unterskalen): Kommunikation (Zuhören und Verstehen, Sprechen, Lesen und Schreiben), Alltagsfertigkeiten (für sich selbst sorgen, Hausarbeit, Zahlenverständnis, Leben in der Gemeinschaft, Schulgemeinschaft) und soziale Fertigkeiten (Umgang mit anderen, Spielen und Freizeit, Anpassung). Zwei weitere Skalen, in denen es um Motorik und Problemverhalten geht, können optional durchgeführt werden.

Die Vineland-3 ist als Fremdbeurteilungsbogen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene konzipiert. Es gibt vier verschiedene Fragebögen, einen Eltern- beziehungsweise Hauptbezugspersonenbogen (Normen von 3 bis 21 Jahren) und einen Lehrerfragebogen (Normen von 3 bis 18 Jahren), jeweils in einer Kurz- und einer Langform, die von kompetenten Untersuchern mit den betreffenden Personen ausgefüllt werden. So können mit allen Fragebögen verschiedene Skalenwerte sowie ein globaler Kennwert (der Gesamtwert Adaptives Verhalten) ermittelt werden.

Bei den Langformen können umfangreichere Analysen vorgenommen werden. Alle Fragebögen können mittels Papierform oder in digitaler Form durchgeführt und ausgewertet werden. Die Zeit zum Ausfüllen der Fragebögen variiert, es wurde auf eine zeitökonomische Bearbeitung geachtet. Für die Vineland-3 gibt es eine deutsche Normierung.

In der Zukunft wird es spannend sein zu sehen, wie das Verfahren Eingang findet in die Diagnostik und ob es sich gegen die anderen teilweise lange gebräuchlichen und etablierten Verfahren im Bereich der Diagnostik bei Intelligenzminderung und allgemein im Bereich der Behindertenhilfe durchsetzen kann.

D-KEFS

Noch eine bedeutende Neuerscheinung im deutschsprachigen Raum: Seit 2021 ist das Delis-Kaplan Executive Function System (D-KEFS) (6) in Anwendung. Es umfasst fünf Untertests, die auch einzeln angewendet werden können. Es werden die Normen des ursprünglich im Jahr 2001 in den USA veröffentlichten Tests mit neun Untertests angewendet (Altersbereich 8 bis 89 Jahre).

Mit diesem Test kommt man der Beantwortung der folgenden beiden wichtigen Fragen in der klinischen Neuropsychologie näher: Wie kann man leichte Einschränkungen der exekutiven Funktionen diagnostisch erfassen? Misst ein Test wirklich exekutive Funktionen oder sind Einschränkungen in anderen Leistungsbereichen für das erhobene Defizit verantwortlich?

Der D-KEFS hat folgende Untertests: den Trail-Making-Test, den Design-Fluency-Test, den Color- Word-Interference-Test, den Twenty-Questions-Test und den Tower-Test.

So erlaubt der Tower-Test – der frühere „Turm von Hanoi“ – mit neun Aufgaben eine viel genauere und detaillierte Analyse der Planungsmöglichkeiten des Patienten als die Durchführung der ursprünglichen Turm-von-Hanoi-Aufgabe mit einer einzigen Anweisung.

Der D-KEFS-Color-Word-Interference-Test basiert auf der klassischen Stroop-Aufgabe. Durch Hinzufügung einer zusätzlichen vierten Untersuchung, bei dem ein Wechsel zwischen dem Nennen der Schriftfarbe und dem Lesen des Wortes verlangt wird, lassen sich auch milde Formen exekutiver Defizite diagnostizieren.

Der D-KEFS-Trail-Making-Test, der als Zahlen-Verbindungs-Test (ZVT) einer der am häufigsten gebrauchten neuropsychologischen Tests ist, hat eine deutliche Erweiterung erfahren und besteht aus fünf statt aus zwei unterschiedlichen Aufgaben. Die Teilaufgabe, bei der zwischen dem Verbinden von Zahlen und Buchstaben gewechselt werden soll (Bedingung mit Aufgabenwechsel), dient als primäres Messinstrument für exekutive Funktionen. Die übrigen vier Aufgaben des Tests erbringen Daten zu verschiedenen Basisfähigkeiten, die zur Bearbeitung der anspruchsvollen Bedingung mit Aufgabenwechsel benötigt werden. Diese grundlegenden Fähigkeiten umfassen visuelles Scanning, Zahlen verbinden, Buchstaben verbinden sowie die motorische Geschwindigkeit beim Zeichnen von Linien. Mithilfe dieser Daten kann bei einer beeinträchtigten Leistung bei der Aufgabe mit Aufgabenwechsel eingeschätzt werden, ob ein höher geordnetes Defizit der kognitiven Flexibilität der Testperson vorliegt oder ob eine oder mehrere zugrunde liegende Basisfähigkeiten betroffen sind.

Diese fünf Untertests, die auf bekannten Tests basieren, bieten gut begründete Modifikationen (einschließlich Normierungen), die die diagnostischen Möglichkeiten deutlich erweitern. Es ist spannend zu sehen, welche positiven Auswirkungen dies in der Zukunft auf das Verständnis und die Therapie exekutiver Störungen haben wird.

KiTAP

Die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung für Kinder („Das Schloss der Geister“) (KiTAP) (7) ist in der Version 1.5.1 seit 2017 in Anwendung. Aufmerksamkeitsleistungen haben für Kinder im Schulalter insbesondere für den Unterricht eine große Bedeutung. Einige Aufmerksamkeitsleistungen können bei Kindern auch mit der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) für Erwachsene (8) untersucht werden, aber besonders bei jüngeren Kindern konnte ein Motivationsproblem festgestellt werden, weil die bestehenden Aufgaben als zu monoton und langweilig empfunden wurden. Deshalb wurde die KiTAP entwickelt, um Kinder durch eine angemessene Geschichte zu einer motivierten Mitarbeit anzuregen und damit die Gültigkeit der Testwerte zu erhöhen. Mit der KiTAP, die auf der gleichen Theorie der Aufmerksamkeit fußt und den gleichen hohen wissenschaftlichen Standard wie die TAP für Erwachsene hat, wurde eine sehr gelungene kindgerechte Umsetzung erreicht, bei der Hexen und Drachen, Fledermäuse und Eulen eine Rolle spielen.

Die KiTAP hat folgende acht Untertests: Ablenkbarkeit, Alertness, Daueraufmerksamkeit, Flexibilität, geteilte Aufmerksamkeit, Go/No-Go, Vigilanz und Scanning. Im Folgenden als Beispiel die Aufgabe Scanning („Der Ausflug der Hexen“): Das Explorieren des visuellen Umfeldes (Scanning) ist eine relativ komplexe Leistung, bei der neben einer intakten Blicksteuerung und der Fähigkeit zur räumlichen Ausrichtung der Aufmerksamkeit auch die Fähigkeit zum systematischen Absuchen des Umfeldes nach relevanten Informationen erforderlich ist. Dabei muss die Ausrichtung des Aufmerksamkeitsfokus willentlich kontrolliert werden und die Fähigkeit zu einer systematischen Verhaltensplanung bestehen.

Das Scanning wurde als Aufgabe so umgesetzt, dass auf dem Bildschirm eine Anzahl von Hexen zu sehen ist, die gemeinsam zu einem Hexenball fliegen. Von Zeit zu Zeit irrt sich eine Hexe in der Richtung und soll dann so schnell wie möglich gewarnt werden, damit sie sich nicht verfliegt, indem die linke Taste gedrückt wird. Fliegen alle Hexen in die gleiche Richtung, ist die rechte Taste zu drücken. Für die KiTAP liegen Normen für sechs- bis zehnjährige Kinder vor.

FDS

Der Fragebogen zu Dissoziativen Symptomen (FDS) (9) ist in der vierten Auflage seit 2021 in Anwendung. Es ist die autorisierte deutsche Übersetzung und Bearbeitung der amerikanischen Dissociative Experiences Scales (DES) aus dem Jahr 1986, dem international wohl renommiertesten Verfahren seiner Art.

Bei dem FDS handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren, mit dem dissoziative Symptome gemäß der ICD- und DSM-Konzeption von Dissoziation bei Erwachsenen erfasst werden. Das Verfahren ermöglicht eine differenzierte dimensionale Syndromdiagnostik, bei der das Ausmaß dissoziativer Psychopathologie quantifiziert wird, jedoch keine kategoriale Diagnostik dissoziativer Störungen erfolgt, dazu sollte ein klinisches Interview benutzt werden. Der Fragebogen hat 44 Items, darunter sind auch die 28 Items der originalen DES, die somit auch durchgeführt wird und für die bei der Auswertung ein Gesamtwert ermittelt wird. Des Weiteren werden Werte für die vier Subskalen des FDS Amnesie (1), Absorption und Imaginative Erlebnisweisen (2), Depersonalisation und Derealisation (3) sowie Konversion (4) erhoben. Die Autoren empfehlen, für die Interpretation hauptsächlich den Gesamtwert der FDS zu verwenden. Zum Vergleich von DES zu FDS ist zu vermerken, dass der FDS vor allem um pseudoneurologische Konversionssymptome erweitert worden ist.

Im Manual ist die geschichtliche Entwicklung des Konzepts der Dissoziation sehr schön beschrieben, und die Autoren führen eine wichtige Diskussion über weiter bestehende profunde begriffliche und konzeptionelle Unklarheiten des Konzepts der Dissoziation. So ist beispielsweise die spannende Frage offen, ob die erfassten dissoziativen Phänomene einen Zustand (State) oder ein Persönlichkeitsmerkmal (Trait), was vielleicht als Dissoziationsneigung bezeichnet werden könnte, widerspiegeln. Dissoziative Psychopathologie spielt bei der Posttraumatischen Belastungsstörung, der Borderlinestörung und den dissoziativen Störungen eine wichtige Rolle. Im Manual werden umfangreich Untersuchungen referiert, in denen verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Diagnosen bezüglich dissoziativer Symptome verglichen werden. Der FDS verfügt auch über eine Kurzform mit 20 Items (FDS-20), die hat allerdings keine Subskalen, ist dafür aber änderungssensitiv und für die Verlaufsdiagnostik geeignet.

FPP

Der Fragebogen psychopathischer Persönlichkeitseigenschaften (FPP) (10) aus dem Jahr 2017 kann ab einem Alter von 18 Jahren eingesetzt werden und misst folgende sechs psychopathischen Persönlichkeitseigenschaften: (1) Fehlende Empathie, (2) Furchtlosigkeit, (3) Narzisstischen Egozentrismus, (4) Impulsivität, (5) Soziale Manipulation und (6) Macht. Die Skalen können zu einem Gesamtwert Psychopathie zusammengefasst werden.

Der Fragebogen mit 30 Items ist schnell mithilfe einer Schablone auszuwerten und das Ergebnis kann anschaulich auf einem Profil eingetragen werden. Im Manual wird das Psychopathiekonzept gut verständlich erläutert. In einem aufschlussreichen Fallbeispiel geht es um einen 19-jährigen jungen Mann, der in einer Vollzugsanstalt eine vierjährige Haftstrafe nach Jugendstrafrecht wegen Raub, Körperverletzung und Nötigung verbüßt (Kasten).

FRAKK

Die Frankfurter Akkulturationsskala (FRAKK) (11) ist ein Selbstbeurteilungsbogen, der für in Deutschland lebende Migrantinnen und Migranten ab 16 Jahren (Normdaten von 16bis 83 Jahre) entwickelt wurde und seit 2020 in Anwendung ist. Das Verfahren bezieht sich auf die psychologische Akkulturation und misst interindividuelle Unterschiede in Bezug darauf, an welcher Kultur – Aufnahmekultur in Deutschland (AK) und/oder Herkunftskultur (HK) – sich der Migrant oder die Migrantin im Verlauf ihres Akkulturationsprozesses orientiert. Weil fast ein Viertel der in Deutschland lebenden Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat, ist ein derart differenzierter neuer Test wie die FRAKK sehr willkommen und hat einen breiten Anwendungsbereich.

Die FRAKK hat 20 Items, in denen es um persönliche Verhaltensweisen, Gedanken und Gefühle in Bezug auf das Leben in der AK (Deutschland) oder in der HK geht. Inhaltlich bilden die Items folgende Bereiche ab: Sprache, Werte und Einstellungen, Traditionen, Mediennutzung, soziale Kontakte, Freizeitgestaltung und Identität. Im Manual werden die Testauswertung und die Interpretation an einem Fallbeispiel anschaulich gezeigt. Bei der Auswertung werden die 20 Items den beiden Subskalen Orientierung zur AK und Orientierung zur HK zugeordnet. Ein hoher Wert in der Skala AK weist darauf hin, dass die Person sich selbst als deutsch identifiziert und sich mit der deutschen Kultur verbunden fühlt, ein hoher Wert in der Skala HK zeigt eine starke Identifikation mit der Herkunftskultur.

Mit den beiden Subskalen-Werten wird ein Assimilationsindex (AI) gebildet, der ein Gesamtmaß für die Anpassung an die AK bei gleichzeitiger Lösung von der HK darstellt. Im letzten Auswertungsschritt wird die Person einer von vier Akkulturationsstrategien zugeordnet: Integration (in beide Kulturen integriert und von beiden akzeptiert), Assimilation (Orientierung an der deutschen Kultur und Gesellschaft), Separation (Orientierung zur HK überwiegt) oder Marginalisierung (Person fühlt sich weder der HK noch der AK zugehörig). Die empirische Validierung dieser Schwellen steht allerdings noch aus.

SOMS-KJ

Das Autorenteam des Screenings für Somatoforme Störungen des Kindes- und Jugendalters (SOMS-KJ) (2018) (12) hat sich bei der Entwicklung des Tests an dem SOMS für Erwachsene von Rief und Hiller (13) orientiert, das 2008 in 2. Auflage mit neuen Normen erschienen ist. Das SOMS-KJ ist ein Selbstbeurteilungsbogen für psychosomatische Beschwerden und erfasst körperliche Beschwerden bei 11 bis 17,11 Jahre alten Kindern und Jugendlichen, für die keine adäquate körperliche Ursache gefunden wurde. Für die Entstehung somatoformer Störungen ist diese Spanne ein bedeutender Zeitraum, eine frühzeitige Diagnostik soll helfen, eine Chronifizierung zu vermeiden.

Das SOMS-KJ hat 53 Items. 33 Items gehören zu einer Symptomliste und beziehen sich auf folgende somatoforme Symptome: Schmerzsymptome (10 Items), gastroenterologische (5), kardiorespiratorische (5) und pseudoneurologische Symptome (12). Bei einem Item kann ein ungenanntes Symptom selbst eingetragen werden. Von den 20 weiteren Items beziehen sich sechs Fragen auf die Lebensqualität, elf auf krankheitsrelevantes Verhalten (zum Beispiel Arztkontakte) und drei auf eine Differenzialdiagnose, um eine Panikattacke, eine Hypochondrie und eine Dysmorphophobie erst mal auszuschließen. Bis auf zwei Items mit Häufigkeitsangaben werden alle Items mit Ja oder Nein beantwortet.

An einem Fallbeispiel wird die Auswertung des SOMS-KJ anschaulich gezeigt. Für folgende Bedingungen wird jeweils ein Punkt (Gesamtwert max. 7 Punkte) vergeben: Mindestens eine Beschwerde aus der Symptomliste wird mit Ja beantwortet, die Beeinträchtigung des Wohlbefindens wird bejaht, mindestens eine Frage zu Beeinträchtigungen in vier Lebensbereichen wird bejaht, wenn ein Arzt wegen der Beschwerden aufgesucht wurde, wenn eine genaue Ursache der Beschwerden verneint wird, wenn die Akzeptanz der körperlichen Gesundheit verneint wird und wenn die Dauer der Beschwerden länger als einen Monat beträgt. Wird ein Gesamtpunktwert von 4 oder mehr Punkten (von 7) erreicht, ist das Screening positiv, es besteht der Verdacht auf eine somatoforme Störung und die Indikation für eine kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik ist gegeben.

ISF

Der Impostor-Selbstkonzept-Fragebogen (ISF) (14) ist seit 2020 in Anwendung. Er dient der Erhebung des Impostor-Selbstkonzepts (Hochstapler-Selbstkonzept) und gibt Informationen über die Intensität des Konzepts. Erfolg hat in der Regel diverse positive Auswirkungen auf die Befindlichkeit von Menschen und stärkt das Selbstbewusstsein. Bei einigen Personen ist eine ganz andere Befindlichkeit zu finden: Trotz bedeutender objektiver und anerkannter persönlicher Erfolge werden die Personen von nagendem Selbstzweifel gequält. Sie fühlen sich inkompetent und von anderen völlig überschätzt. Sie glauben, dass sie andere über ihre Fähigkeiten getäuscht haben, sehen sich als Betrüger und haben Angst, zukünftigen Leistungsanforderungen nicht gerecht werden zu können. Sie haben Angst, eines Tages als Hochstapler enttarnt zu werden. Bei diesem Impostor-Selbstkonzept handelt es sich um ein alters- und kulturübergreifendes Phänomen, das stärker Menschen mit höherem Bildungsniveau betrifft und besonders in akademischen Berufen und insbesondere im Hochschulbereich verbreitet ist. In einer Studie wurde herausgefunden, dass etwa 50 Prozent der Führungskräfte durch ein Impostor-Selbstkonzept charakterisiert werden können. Solche Personen reagieren bei Leistungsanforderungen mit Selbstzweifeln und Angst und versuchen die Anforderung durch Anwendung der ungünstigen Arbeitsstile des Perfektionismus oder Prokrastination zu bewältigen.

Interventionsansätze thematisieren die Identifikation und die Veränderung dysfunktionaler Gedanken und zielen auf eine Stärkung der positiven Selbstbewertung ab. Zur Messung des Impostor-Selbstkonzepts wird der Fragebogen mit 15 Items ausgefüllt. Für den schnell ermittelten Skalenrohwert werden in einer der drei altersabhängigen Tabellen Prozentrang und T-Wert ermittelt, ein T-Wert über 60 zeigt einen erhöhten Wert an. Joachim Koch

Literatur im Internet: www.aerzteblatt.de/pp/lit1022

Fallbeispiel zu FPP

In dem Fallbeispiel geht es um einen 19-jährigen jungen Mann, der in einer Vollzugsanstalt eine vierjährige Haftstrafe nach Jugendstrafrecht wegen Raub, Körperverletzung und Nötigung verbüßt. Neben anderer Diagnostik wurde auch der Fragebogen psychopathischer Persönlichkeitseigenschaften (FPP) durchgeführt. In der Skala Fehlende Empathie, die Mitgefühl bei der Wahrnehmung von starken negativen Gefühlen erfasst, erreichte er ein durchschnittliches Ergebnis wie auch in der Skala Furchtlosigkeit, was eine gute Antizipationsfähigkeit gegenüber negativen Konsequenzen der eigenen Handlungen vermuten lässt. In der Skala Impulsivität erreichte der 19-Jährige einen überdurchschnittlichen Wert und beschreibt sich damit als jemand, der öfter zum Beispiel im Streit die Kontrolle verliert. In der Skala Macht kann von einem überdurchschnittlichen Bedürfnis ausgegangen werden, andere Menschen zu beeinflussen und sie gegebenenfalls mit Zwang zu einem gewünschten Verhalten zu bewegen. Diese Informationen helfen dem psychologischen Dienst bei der weiteren Vollzugsplanung.

Er kommt in eine Wohngruppe, in der kein besonders suggestibler Mitgefangener ist. Bedienstete bekommen die Information, dass bei dem Gefangenen besonders auf manipulatives, dominantes und impulsives Verhalten zu achten sei. Zum Behandlungsbedarf: Der Gefangene erhält einen Platz im „Coolness-Training“, einem Training zur Impulsregulierung. Später soll er in einem Theaterprojekt – wegen der hohen Ausprägung in narzisstischem Egozentrismus – lernen, die Perspektive einer anderen Person einzunehmen und soziale Rücksichtnahme als wichtige interpersonelle Fertigkeit einüben.

Testverfahren: Spannende Neuentwicklungen (2024)
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Author: Lakeisha Bayer VM

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